müssen wir immer bewerten?

Ich komme gerade von einer weihnachtlichen Yogastunde mit dem Thema „müssen wir immer bewerten?“ nach Hause. Ich dachte für mich, hier bist du ja als Lehrer richtig (auch wenn es die Yogalehrerin sicher gar nicht so gemeint hat). Auf meinem Schreibtisch liegen noch diverse Haufen von Klausuren und Portfolios, die auf eine „Bewertung“ warten.

Die Yogalehrerin meinte, dauerndes Bewerten verhindere, dass sich Menschen öffnen und damit entwickeln zu können. Es macht das Akzeptieren der eigenen Qualitäten und Fehler schwierig und erschwert die Entwicklung der eigenen Potentiale. Die Yogastunde stand dann unter dem Thema, „es so gut zu machen, wie man es kann, ohne auf den Nachbarn zu schauen“.

Ich dachte, das wäre eine gute Haltung, mit der ich mit an die Durchsicht der Stapel auf meinem Schreibtisch machen könnte. Eine Haltung einnehmen, die davon ausgeht, dass es jede/r so gut er/sie es irgend konnte gemacht hat, sich Mühe gegeben hat, das Beste gegeben hat; und dafür gelobt und gewertschätzt werden sollte. Und aus dieser Wertschätzung heraus Tipps und Hinweise für die Weiterarbeit und das Weiterlernen geben – und nicht „auf den Nachbarn schauen“, also die Arbeiten nicht untereinander vergleichen.

Ja, diese Haltung würde wirklich die Potentiale der jungen Leute entwickeln. Aber leider ist unsere (Lern-) Kultur nicht so. Wir stellen in allem ein Ranking her, vergleichen die Arbeiten der jungen Leute miteinenander und wägen hin und her, um eine möglichst gerechte Bewertung zu geben. Dabei wissen wir eigentlich genau, dass diese Gerechtigkeit eine Illusion und Scheingerechtigkeit ist. Diese Kultur des Bewertens und Vergleichens ist so tief in der Gesellschaft verankert, dass Schüler und Eltern sie einfordern, wo Pädagogen andere Wege suchen.

Ein pauschales Ablehnen von Noten hilft deshalb nicht weiter. Alternativen müssen her. Menschen haben mit Recht das Bedürfnis, wissen zu wollen, wo sie stehen. Einfache Kompetenzbeschreibungen könnten weiterhelfen. Diese müssten hierarchisiert und gestuft sein, so dass  jede/r eine Entwicklungsmöglichkeit erkennen kann. In der Anlage habe ich mal ein Beispiel abgelegt.

Also werde ich mich mit dieser Haltung an meine Stapel machen, und mehr Wertschätzen und weniger Vergleichen. KompRast mündliche Beiträge

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